Zeitzeuge

Wolfgang Thüne

Wetzlar, Rheinland-Pfalz
* 1949

Geld ist nicht alles. Der psychische und politische Druck waren einfach beengend.

Themen
  • Mauerfall 9. November 1989
  • Flucht/Fluchthilfe
  • Sport

Biografisches

1949 geboren in Heiligenstadt, aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus
Turner in der Kinder- und Jugendsportschule Bad Blankenburg
Mitglied der Jungen Pioniere
Offizier der Nationalen Volksarmee
Armee-Sport-Klub (ASK) "Vorwärts" Potsdam
1970-1972 Teilnahme an Weltmeisterschaft und Olympia
1975 Flucht in die Bundesrepublik Deutschland
1977 Deutscher Meister im Mehrkampf, am Pauschenpferd und im Pferdsprung im Verein Bayer 04 Leverkusen
Kunstturntrainer in Leverkusen
seit 2004 Trainer für Talentesuche und -sichtung (Turnen) im Kultusministerium Hessen und Trainer im hessischen Leistungszentrum
seit 2015 in Rente

Kurzbeschreibung

Bei der Weltmeisterschaft 1974 wurde Wolfgang Thüne Vize-Weltmeister am Reck. Den ersten Platz errang der "Klassenfeind" - sein Konkurrent aus der Bundesrepublik Eberhard Gienger. Beim nächsten Wettkampf sollte er Gienger besiegen, dafür verpflichtete man ihn zu einem härteren Training. Gleichzeitig stellte sein Trainer ohne Rücksprache einen Antrag auf SED-Parteimitgliedschaft für ihn. Ein Jahr später fand die Europameisterschaft in Bern statt - die Chance zu einer Flucht. Wolfgang Thüne wollte dem System der DDR und den Anforderungen, die an ihn gestellt wurden, entkommen. Ausgerechnet Eberhard Gienger war es, der ihm zur Flucht verhalf: In seinem Opel Manta fuhr er Wolfgang Thüne über die Grenze. In der DDR strich man seinen Namen aus offiziellen Statistiken und schnitt sein Gesicht aus den Autogrammkarten der Olympia-Delegation von 1972. Im Westen wurde Wolfgang Thüne 1977 Deutscher Meister im Mehrkampf. Danach arbeitete er als Trainer bei Bayer Leverkusen und im Leistungszentrum in Wetzlar.

Berichte

"Fluchthelfer Eberhard Gienger - die Geschichte der DDR-"Sportverräter" - Erfolgreiche Sportler, Ärzte und Trainer verließen die DDR. Die Stasi nannte sie "Sportverräter". Bei einer Veranstaltung der Bundesstiftung Aufarbeitung berichteten Wolfgang Thüne und Eberhard Gienger von der Flucht 1975. Deutschlandfunk, 4.8.2010. Die Veranstaltungsnachlese bietet einen Bericht, Fotos und Videos.

"Gefährliche Flucht in ein neues Leben" - Eberhard Gienger fährt Wolfgang Thüne in den Westen. NWZ Online, 25.09.2010.

"Schwerpunkt Mauerfall: Turnen, tarnen, türmen" - Erst zehn Jahre nach dem Fall der Mauer sprachen Wolfgang Thüne und Eberhard Gienger über die Flucht. Bietigheimer Zeitung, 8.11.2014.

Interview

"In Giengers Manta in den Westen" - Interview mit Wolfgang Thüne am 4.7.2009.