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Volksaufstand 17. Juni 1953

17. Juni 1953. Aufruhr in einer kommunistischen Diktatur. Ob in Ost-Berlin, Bitterfeld oder Ludwigsdorf: In der DDR findet ein Volksaufstand statt, der am folgenden Tag von Einheiten der Roten Armee, der Volkspolizei und der Staatssicherheit blutig niedergeschlagen wird. Der Tag – das erste "Wetterleuchten am Horizont der Freiheit" und bis 1990 Nationalfeiertag in der Bundesrepublik Deutschland – gehört zu den Schlüsselereignissen der Nachkriegszeit.

Wetterleuchten am Horizont der Freiheit

Im Juni 1953 gingen in über 700 Orten mehr als eine Millionen Menschen auf die Straße, um gegen das SED-Regime und für freie Wahlen, Demokratie und die deutsche Einheit zu demonstrieren. Der "neue Kurs", der von der SED kurz zuvor verkündet wurde und einen weniger radikalen Übergang zur sozialistischen Gesellschaft versprach, hatte viele Menschen nicht mit den Machthabern versöhnt. Im Gegenteil: Die bescheidene Selbstkritik, die die SED an ihrem bisherigen Vorgehen kleinlaut zugab, ließ zahlreiche Hoffnungen entstehen: mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, mehr Lebensmittel, eine bessere Versorgung mit Konsumgütern, Wiedervereinigung! All dies gehörte zu den Forderungen der Aufständischen, die im vermeintlich arbeiter- und bauernfreundlichen Staat endlich mitbestimmen wollten. "Faschistische Umtriebe" und einen "konterrevolutionären Putschversuch" witterte das SED-Politbüro. Die Massendemonstrationen wurden auch von den politischen Entwicklungen in Osteuropa, insbesondere der Sowjetunion nach Stalins Tod am 5. März 1953, beeinflusst. Nach der Niederschlagung des Aufstands setzte die SED auf das Prinzip von "Zuckerbrot und Peitsche": einerseits verstärkte Lebensmittelimporte und Unterhaltungsangebote, andererseits der Ausbau der Geheimpolizei und der anderen bewaffneten Organe als Mittel gegen das Volk. 

Unter den Aufständischen im Osten Deutschlands waren Arbeiter, Schüler, Studenten und viele andere – aber wofür traten sie genau ein? Inwiefern veränderte sich nach dem Aufstand ihr Blick auf das SED-Regime? Welche Folgen hatte der 17. Juni für die Politik im geteilten Deutschland? Was wäre geschehen, wenn der Aufstand nicht mit militärischen Mitteln niedergeschlagen worden wäre? Inwiefern lassen sich der 17. Juni 1953, die Friedliche Revolution und die Selbstdemokratisierung in der DDR in den Jahren 1989 und 1990 miteinander vergleichen? Wie konnte es dazu kommen, dass gerade einmal vier Jahre nach Gründung der DDR ein landesweiter Volksaufstand mit Panzern und Soldaten gewaltsam niedergeschlagen wurde? Dies sind nur einige Beispiele für Fragen, mit denen sich Schülerinnen und Schüler auseinandersetzen können. Denn es kommt nicht nur darauf an, dass die nach 1990 Geborenen wissen, wann die Mauer gebaut wurde oder wie der SED-Generalsekretär in den 1950er-Jahren hieß. Vielmehr sollte im Unterricht historisches Denken und Lernen im Vordergrund stehen. Die Geschichte von Demokratie und Diktatur in Deutschland nach 1945 lässt sich anhand des Volksaufstands vom 17. Juni in hervorragender Weise zum Unterrichtsgegenstand machen.