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Flucht, Fluchthilfe und Freikauf

Trotz Stacheldraht, Mauer und Schießbefehl nahmen viele Bürger der DDR das Risiko auf sich, in den Westen zu fliehen. Die Gründe zu gehen, waren ganz individuell, die Wege in den Westen vielfältig. Die SED reagierte darauf mit einem Ausbau des Grenzregimes und einer Ausweitung der Kontrollsysteme.

Einführung

Bis zum 13. August 1961 hatte die SED-Diktatur bereits etwa ein Sechstel ihrer Bürger verloren, über drei Millionen Menschen waren geflohen. Mit dem Bau der Mauer versuchte die SED, die Fluchtbewegung in den Westen zu stoppen. Dies gelang ihr nicht vollständig: Gerade durch den Mauerbau wurden viele Beziehungen zwischen Ost und West getrennt, sodass besonders in Ost-Berlin und im Berliner Umland der Fluchtdruck anstieg.

Trotz Stacheldraht, Mauer und Schießbefehl nahmen viele Bürger der DDR das Risiko auf sich, in den Westen zu fliehen. Die Gründe zu gehen, waren ganz individuell, die Wege in den Westen vielfältig. Die SED reagierte darauf mit einem Ausbau des Grenzregimes, einer Ausweitung der Kontrollsysteme und einer Einbindung von Personal und Ressourcen der Sicherheitsbehörden und der zivilen Verwaltung. So wurden in den 1980er-Jahren etwa 80 Prozent der Fluchtwilligen bereits vor Erreichen der Grenze verhaftet. Flüchtlinge suchten nach immer neuen Wegen und bekamen dabei Unterstützung von Fluchthelfern aus dem Westen. Auch die Fluchthilfe entwickelte sich: Waren die ersten Hilfsaktionen oft solidarische Handlungen von West-Berliner Studenten, die Familienmitgliedern und Angehörigen helfen wollten, boten später Fluchthelfergruppen Hilfe gegen Bezahlung an. Viele Fluchtversuche missglückten – sie wurden bereits im Vorfeld verraten oder bei der Umsetzung entdeckt und die Flüchtlinge wegen „versuchter Republikflucht“ zu mehrjährigen Haftstrafen in DDR-Gefängnissen verurteilt. Die Bundesrepublik begann 1963 mit einem, damals noch geheimen, Geschäft: Sie kaufte politische Häftlinge der DDR frei, die Haftstrafen wurden ausgesetzt und die Häftlinge meist in den Westen entlassen. Dafür verhandelten die Bonner Politiker mit den Verhandlungspartnern in Ost-Berlin und zahlten Devisen oder lieferten Waren.
„Wohin möchten Sie entlassen werden: In die DDR oder in die Bundesrepublik?“ Für viele Häftlinge bedeutete diese im Gefängnis oft gestellte Frage kurz vor der Entlassung eine Erfüllung ihrer Hoffnungen. Nicht alle wagten es angesichts der Erfahrungen des Haftalltags, sie mit „Bundesrepublik“ zu beantworten.