Zeitzeuge

Lothar Rochau

Halle, Sachsen-Anhalt
* 1952

In der Offenen Arbeit der Evangelischen Kirche der DDR galt es die ganze Person in die Waagschale zu werfen um Veränderungen in Staat, Gesellschaft und Kirche zu bewirken.

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Kirche
  • politische Haft
  • Umbruchserfahrungen seit 1989/90

Biografisches

1952 geboren in Weißensee/Thüringen
1969 Schulabschluss
1969-1971 Ausbildung als Werkzeugmacher
1971-1972 Grundwehrdienst in Eggesin
1973-1977 Diakonausbildung Ev. Kirche in Neinstedt/Eisenach
1977-1983 Tätigkeit als Jugenddiakon in Halle-Neustadt
1983 Verhaftung und Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis nach § 214, 219, 106 StGB der DDR
1983 Revision vor dem Obersten Gericht der DDR mit Rechtsanwalt Schnur (IM „Torsten“)
Dezember 1983 Abschiebung in die Bundesrepublik
1984-1986 Studium Sozialpädagogik/Sozialarbeit in Frankfurt (Main)
1989 Rückkehr nach Halle (Saale)
1990 Aufbau des Jugendamtes der Stadt Halle
2007 Wechsel zum Wirtschaftsdezernat der Stadt Halle


Veröffentlichungen:

Lothar Rochau mit Ines und Peter Godazgar: Marathon mit Mauern. Mein deutsch-deutsches Leben, Mitteldeutscher Verlag, 2021. Eine Rezension von Christian Eger in der Mitteldeutschen Zeitung vom 24.06.2021 ist hier zu lesen.

Lothar Rochau: Es gibt ein Leben ohne Kompromisse, in: Rebellion im Plattenbau. Die offene Arbeit in Halle-Neustadt 1977-1983, Katalog zur Ausstellung, hrsg. v. Sebastian Bonk, Florian Key und Peer Pasternack, Halle-Wittenberg, 2013, S. 12-15.

Rudolf Schulze: Die Konflikte um den Jugenddiakon Lothar Rochau und seinen Dienst in Halle-Neustadt 1981-1983. EKD Edition, 1996.

 

 

Kurzbeschreibung

Seit 1977 war Lothar Rochau Jugendiakon in Halle-Neustadt. Er führte eine über vierzig Anhänger große Friedens-, Umwelt- und Menschenrechtsgruppe an, die mit vielerlei Aktivitäten von sich reden machte. Die Diskussionen, Konzerte, Werkstatt-Tage und Umweltprojekte, die der Geistliche im Rahmen der Offenen Jugendarbeit initiierte, waren aber nicht nur dem SED-Staat ein Dorn im Auge. Auch die Kirchenleitung distanzierte sich zunehmend von ihm und seiner Arbeit. Zu Beginn des Jahres 1983 wurde ihm von Seiten der Kirche gekündigt. Im Juni 1983 wurde Lothar Rochau verhaftet. Im September wurde er wegen staatsfeindlicher Hetze, ungesetzlicher Verbindungsaufnahme und Herabwürdigung der staatlichen Organe zu drei Jahren Haft verurteilt. Ein Artikel im „Spiegel“, der über seine Inhaftierung berichtete, führte dazu, dass er im Dezember 1983 mit seiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben wurde. Aber auch in Halle (Saale) blieb seine Inhaftierung nicht ohne Folgen – unter dem Dach der Kirche formierte sich eine politische Opposition, die sich mit Umwelt- und Demokratiefragen beschäftigte. Nur kurze Zeit nach der Friedlichen Revolution kehrte Lothar Rochau wieder nach Halle (Saale) zurück.

 

 

Videointerviews

Video 1 (oben): Bei dem Projekt „Stimmen der Opposition“ führen Schülerinnen und Schüler Interviews mit einem Zeitzeugen. Es entsteht ein Bild der DDR-Bürgerrechtsbewegung, gesehen mit den Augen der heutigen Jugendlichen. Das Zeitzeugeninterview mit Lothar Rochau wurde veröffentlicht. Eine Kurzversion finden Sie hier.
Projekt der Deutschen Gesellschaft e. V., gefördert durch die Bundesstiftung Aufarbeitung.

Video 2: Auf der Plattform www.zeitzeugen-portal.de stehen ebenfalls Zeitzeugeninterviews mit Lothar Rochau zur Verfügung.

Berichte

"'Ich bin Täter des Wortes'" – Lothar Rochau setzt sich für die Aufarbeitung und Anerkennung von in der DDR erlittenem Unrecht ein. Artikel von Katja Schmidtke in GLAUBE+HEIMAT. Mitteldeutsche Kirchenzeitung, 02.04.2023, S. 1.

"Der Staat als Täter" – Lothar Rochau geriet wegen seines gesellschaftspolitischen Engagements ins Visier der Stasi, wurde verhaftet und verhört. Der Artikel von David Fuhrmann ist der achte Teil der Serie "Verbrechen in Mitteldeutschland", Mitteldeutsche Zeitung, 31.01.2023, S. 3.