Zeitzeuge

Kerstin Meisner

Nürnberg, Bayern
* 1964

Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen. (Hermann Hesse)

Themen
  • politische Haft
  • Flucht/Fluchthilfe
  • Freikauf
Sprache
  • Englisch

Biografisches

1964 geboren in Potsdam-Babelsberg
1980 Realschulabschluss an der Polytechnischen Oberschule (POS) „Otto Nagel“ in Bergholz-Rehbrücke
1980-1982 Ausbildung zur Facharbeiterin für Anlagentechnik in der Brauerei in Potsdam
April 1983 Fluchtversuch über die ČSSR, Verurteilung zu einer 16-monatigen Freiheitsstrafe wegen "versuchter Republikflucht"
1983-1984 Haft in Leipzig-Markkleeberg
April 1984 Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland
1985-1986 Ausbildung zur staatlich geprüften Stenokontoristin an der Rackow-Schule in West-Berlin
1989-1990 Ausbildung zur staatlich geprüften Sekretärin an der Rackow-Schule in Berlin-West
1986-2000 Assistentin der Geschäftsführung in West-Berlin und Nürnberg
2000-2021 Projekt-, Prozess-, Qualitäts- und Transition-Managerin in verschiedenen Marktforschungsunternehmen im In- und Ausland (u. a. in Indien)
seit 2019 Mitglied bei Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Nürnberg
2021-2022 Weiterbildung zur DEKRA-zertifizierten Corporate Social Responsibility- (CSR) und Nachhaltigkeitsmanagerin bei der Firma WBS Training in Nürnberg

Kurzbeschreibung

Noch vor ihrem 20. Geburtstag beschloss Kerstin Meisner, die DDR zu verlassen, weil sie sich an den Widersprüchen zwischen staatlicher Propaganda und Alltagspraxis störte und nach Freiheitsrechten sehnte. Sie lotete mit ihrem Verlobten und einem Freund verschiedene Fluchtmöglichkeiten aus. Die drei entschieden sich für die Reise in einem Zug, der nach Bratislava in die Tschechoslowakei fuhr, um von dort nach Österreich und später nach Bayern zu flüchten. Kerstin Meisner, die keine gültigen Ausweispapiere hatte, versteckte sich im Zugabteil unter einer Sitzbank. Während ihre Begleiter bereits vor der tschechoslowakischen Grenze festgenommen wurden, flog sie erst in der Nähe von Bratislava auf.
Sie musste zwei Wochen in der Tschechoslowakei in Einzelhaft verbringen, bevor sie in das Staatssicherheitsgefängnis in Potsdam überstellt wurde. Ein Gericht in Potsdam verurteilte sie nach § 213 des Strafgesetzbuches des DDR zu einem Jahr und vier Monaten Haft, die sie überwiegend im Gefängnis Leipzig-Markkleeberg verbüßte.
Während der Haftzeit stellte Kerstin Meisner zwei Ausreiseanträge. Im Frühjahr 1984 konnte sie zusammen mit ihrem Verlobten und dem gemeinsamen Freund im Rahmen des Häftlingsfreikaufs in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen.
Die Zeit des Mauerfalls und der deutschen Einheit erlebte Kerstin Meisner in West-Berlin. Sie lebte und arbeitete mehrere Jahre im indischen Bangalore und wohnt nun wieder in Nürnberg.