Zeitzeuge

Henry Leide

Cammin, Mecklenburg-Vorpommern
* 1965

Wir Mecklenburger sind nicht nachtragend, aber wir vergessen auch nichts.

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Kirche
  • historische Aufarbeitung
  • Ausreise/Ausbürgerung

Biografisches

1965 in Wismar geboren
1971-1981 Besuch der Polytechnischen Oberschule in Rostock-Lütten-Klein
1981-1983 Lehre als Instandhaltungsmechaniker für Baumaschinen in Rostock und Greifswald
1983-1984 Heizer und Lagerarbeiter in einem Rostocker VEB
1984-1988 Leben und Arbeit in Halle (Saale) als Bootsverleiher, Fährgehilfe, Saunawärter, Grabstraußverkäufer, Aushilfe im Bahnpostamt, Künstlergehilfe und Lebenskünstler
1988 Ausreise nach West-Berlin, Hilfsarbeiter auf dem Bau
1989-1993 Abitur am Volkshochschulkolleg Berlin-Schöneberg, freier Mitarbeiter
1993-1994 Studium der Politik- und Rechtswissenschaften an der Freien Universität (FU) Berlin
1994-1998 Mitarbeiter der Abteilung Bildung und Forschung in der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) in Berlin
seit 1998 Rückkehr nach Mecklenburg und Tätigkeit als Sachbearbeiter für Politische Bildung und Forschungsanträge in der Außenstelle Rostock des BStU


Veröffentlichung (Auswahl)

Leide, Henry: "NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR", Vandenhoeck & Ruprecht, 3. Edition, Göttingen 2007.

Kurzbiografie

Henry Leide verbrachte eine wohlbehütete Kindheit, die er hauptsächlich seinen in Wismar lebenden Großeltern zu verdanken hatte. Aus Begeisterung für Militärtechnik verpflichtete er sich 1979, als Berufsoffizier in der NVA zu dienen. Die Erfahrungen aus dem Alltag, der Schul- und Lehrzeit ließen ihn nach Alternativen zu den vorbestimmten Lebensentwürfen suchen. Er trat aus der FDJ aus und verweigerte die vormilitärische Ausbildung. Wegen eines vermeintlichen Fluchtversuchs wurde er verhaftet. Leide fand Rückhalt in seinem liberalen Elternhaus, im Kreis älterer Freunde und, ohne selbst eine religiöse Bindung zu haben, in der Jungen Gemeinde. Im Nachhinein symbolisiert das "Nein" zum Wehrdienst für ihn eine schwierige Lebensphase. Er fühlte sich der Willkür des SED-Staates ausgeliefert. Seine persönliche Freiheit und wirtschaftliche Existenz waren bedroht. Dass sein Personalausweis entzogen wurde, empfand er als zusätzliche Stigmatisierung. Es begann ein neuer Lebensabschnitt, denn Leide engagierte sich fortan in verschiedenen Oppositionsgruppen. 1988 wurde er zusammen mit seiner Frau ausgebürgert. Von West-Berlin aus unterstützte er die DDR-Opposition. Im September 1990 war Henry Leide an der Besetzung der Stasi-Zentrale durch Bürgerrechtler beteiligt. Seit 1994 arbeitet er für die Stasi-Unterlagen-Behörde und ist Autor der vielbeachteten Studie "NS-Verbrecher und Staatssicherheit. Die geheime Vergangenheitspolitik der DDR". Seit 1998 lebt er mit seiner Frau und den beiden Kindern wieder in Mecklenburg.