Zeitzeuge

Robert Krug

Taunusstein, Hessen
* 1958

Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. (Wolf Biermann)

Themen
  • politische Haft
  • Freikauf
  • Wirtschaft/Landwirtschaft

Biografisches

17.01.1958 geboren in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz)
1964-1974 Besuch der Polytechnischen Oberschule in Freiberg
1974-1976 Lehre als Metallurge im Bergbau und Hüttenkombinat "Albert Funk" in Freiberg
1977 Weiterbildung zum Maschinisten für Wärmekraftwerke" und anschließend "Jugendbrigadier" im Volkseigenen Betrieb (VEB) Elektromaschinenbau "Sachsenwerk" Dresden
1979 Meisterlehrgang zum Maschinenbaumeister
1980 Verhaftung durch das Ministerium für Staatssicherheit und Verurteilung zu zwei Jahren Haft wegen "staatsfeindlicher Hetze"
1981 Haftentlassung und Berufsverbot
1983 erneute Verhaftung und Verurteilung zu drei Jahren Haft wegen "öffentlicher Herabwürdigung"
1984 Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland und Ausreise
seit 1986 Kraftwerker, Schichtmeister (Kraftwerksmeister 1992) und Ausbilder bei der Energieversorgung Offenbach AG
 

Veröffentlichung

Krug, Robert: Der Kalmusmann: Episoden deutscher Geschichte, Rosamontis Verlag, April 2008.

Kurzbeschreibung

Ich wurde FDJ-Sekretär und SED-Mitglied mit Ehrgeiz und in freudiger Erwartung auf das, was kommen sollte. Als ich im Sachsenwerk Kollegen traf, die sich am 17. Juni 1953 gegen russische Panzer gestellt hatten, fühlte ich mich zunehmend von Schule, FDJ und Partei betrogen in einem System, in dem die Unwahrheit mehr als nur Mittel zum Zweck ist. In einem Wandzeitungsartikel bezichtigte ich die Sowjetunion des Verrats an der Weltrevolution - und sah mich wenig später auf der Parteischule wieder. Die Stasi befand, ich könnte als Informant nützlich werden, aber ich wollte Farbe bekennen und gegen Diktatur und Unmündigkeit vorgehen. Ich unternahm Botendienste unter anderem nach Polen, um mich mit Genossen des Komitees zu Verteidigung der Arbeiter (KOR) zu treffen. Im Mai 1980 verhaftete die Stasi mich, wegen "staatsfeindlicher Hetze" und ich wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Angebote zur Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland lehnte ich ab, nach 16 Monaten wurde ich auf Bewährung entlassen. Ich formulierte noch den Ausreiseantrag, als ich eine Frau kennenlernte und mich in sie verliebte. Obwohl sie mir nach kurzer Zeit gestand, dass sie von der Stasi auf mich angesetzt war, heirateten wir nach vier Monaten und stellten einen gemeinsamen Ausreiseantrag. Wegen des Verteilens von Flugblättern wurde ich erneut zu drei Jahren Haft verurteilt. Bereits nach zehn Monaten konnte ich in den Bus über die Grenze und in Richtung des Aufnahmelagers Gießen steigen. Meine Frau und die Kinder kamen nach. Allerdings war unsere Ehe in dieser "neuen Welt" nur von kurzer Dauer.