Zeitzeuge

Jürgen Krahn

Dülmen, Nordrhein-Westfalen
* 1947
† 2022

Ossi und Wessi – ich bin Wossi und möchte Brücken bauen.

Themen
  • politische Haft
  • Staatssicherheit
  • Freikauf
  • verstorbene Zeitzeugen

Biografisches

1947 Geburt in Tangerhütte
1964 Schulabschluss 10. Klasse
1964-1966 Lehre als Schuhmacher
1970 Handwerksmeister, Arbeitstätigkeit erst in einer Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) und dann im „Volkseigenen Betrieb (VEB) Schuhfabrik Roter Stern“ in Burg (bei Magdeburg)
1972-1973 Stasi-Untersuchungshaft im Gefängnis Moritzplatz Magdeburg, im Haftkrankenhaus Leipzig-Meusdorf und in der Justizvollzugsanstalt Leipzig
1973 Verurteilung im Berufungsverfahren zu vier Jahren und sechs Monaten Haft
1973-1974 Inhaftierung im Zuchthaus Brandenburg-Görden
1974 Abschiebehaft im Gefängnis Karl-Marx-Stadt, Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland
1975 Übersiedelung von Ehefrau und drei Kindern in die Bundesrepublik Deutschland
bis 1988 Beobachtung durch die Stasi
1990-1997 Aufbau und Betrieb einer Freizeitanlage (Wasserski-Seilbahn) in Magdeburg
1998 Eröffnung eines Schuhmachergeschäfts in Leverkusen, das heute von Sohn und Enkel weitergeführt wird
heute Rentner

Jürgen Krahn ist leider am 22.05.2022 verstorben.

Kurzbeschreibung

Jürgen Krahn wurde 1947 in Tangerhütte geboren und wuchs in Magdeburg auf.
Nach dem Schulabschluss erlernte er den Beruf des Schuhmachers. Als er ein Lehrmeisterstudium absolvieren wollte, musste er dafür in die SED eintreten. Über den Zwang zur Parteizugehörigkeit schrieb er Kurzgeschichten, die später in die Hände der Stasi gelangten.
1972 kam es zur Verhaftung. Das erste Urteil lautete auf sechs Jahre und neun Monate Haft wegen ''mehrfacher staatsfeindlicher Hetze'' und ''Fluchtvorbereitung im schweren Fall''. Im Berufungsverfahren 1973 wurde die Strafe auf vier Jahre und sechs Monate festgesetzt. Die Haft musste Jürgen Krahn im Zuchthaus Brandenburg-Görden antreten. Seiner Familie wurde die Zwangsadoption der drei Kinder angedroht.
Im Herbst 1974 gelangte er über den Gefangenenfreikauf in die Bundesrepublik Deutschland. Ein halbes Jahr später konnte seine Frau mit den Kindern nachkommen. Der Start in Westdeutschland war für die Familie nicht einfach.
Von 1974 bis 1989 konnte Jürgen Krahn seine in der DDR lebenden Eltern und Geschwister nur an der Transitstrecke treffen.
Später brachte die Einsicht in die Stasi-Unterlagen Ernüchterung – nicht nur wegen Informanten aus dem eigenen Umfeld, sondern auch, weil die Bespitzelung von Jürgen Krahn in der Bundesrepublik Deutschland bis 1988 andauerte.