Zeitzeuge

Dr. Günther Heinzel

Köln, Nordrhein-Westfalen
* 1948

Wer mittendrin steckt, sieht meistens nicht sehr weit. Gewonnener Abstand ändert das.

Themen
  • Grenzerfahrungen
  • politische Haft
  • Bildung/Erziehung
  • Staatssicherheit
  • Flucht/Fluchthilfe
Sprache
  • Englisch

Biografisches

1948 geboren in Elgersburg in Thüringen
1962 Besuch des Gymnasiums "Arnoldischule" in Gotha
1965 Fluchtversuch, neun Monate Haft, u. a. im Gefängnis Ichtershausen
1966-1970 Hilfsarbeiter in einer Druckerei und Bauzeichner
1968 Abitur an der Kreisvolkshochschule Gotha
1970 Flucht nach West-Berlin, danach Studium der Zahnmedizin und Tätigkeit als Zahnarzt
1985 eigene Praxis in Köln
seit 2014 im Ruhestand und Fortsetzung der seit 1998 laufenden literarischen Versuche, Mitglied im Autorenforum Köln e. V.
 

Publikationen

2017 literarische Bearbeitung einer Fluchthilfe-Aktion: „Zwei plus Vier“, 360 S., Pro Business Berlin.
2008 Essay: „Zukünfte hinter uns“.
2002 Kurzgeschichte: „Am Fenster“, bedacht mit dem Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis.
1998 Erstlingswerk: „Zel & Zel“.

Die Publikationen erschienen unter dem Pseudonym Reinhard Iben.

Kurzbeschreibung

Schon zur Grundschulzeit fiel mir der Widerspruch auf, der zwischen der Wirklichkeit und dem klaffte, was der Lehrer über den DDR-Sozialismus erzählte. Von der marxistisch-leninistischen Lehre, die an der Arnoldischule vermittelt wurde, empfand ich entscheidende Passagen als verbrecherisch. Kurz vor meinem 17. Geburtstag versuchte ich vergeblich, aus der DDR zu fliehen. Die folgende Haftstrafe bestätigte mein Urteil über jenen Staat.
Zwei Jahre nach Haftentlassung ergab sich eine Möglichkeit, mittels Fluchthilfe die DDR zu verlassen. Nach weiteren zwei Jahren startete das Unternehmen, doch durch unglückliche Umstände blieb meine Freundin im Osten zurück. Angekommen in West-Berlin, wollte ich sie so schnell wie möglich nachholen, doch die Fluchtwege wurden immer weniger. So versuchte ich selbst eine Fluchthilfemöglichkeit aufzubauen, was mir nach 18 Monaten gelang. Währenddessen hatte uns die Stasi schon mit dem Operativ-Vorgang "Architekt" im Visier und ein Spion in West-Berlin hatte Informationen über mich und meine Pläne an die Sowjets geliefert. Wir waren schneller und meine Freundin kam in einem alliierten Militärfahrzeug versteckt, unbemerkt über den Checkpoint Charlie. Zwei Monate später heirateten wir. In ganz kleinem Kreis.

Berichte

"Im Kofferraum in die Freiheit" – Günther und Eva Heinzel sprachen in der Arnoldischule Gotha über ihr Leben in der DDR und die Fluchten nach West-Berlin. Thüringische Landeszeitung, 15.04.2017.

"Überwachung, Bespitzelung, Repressalien - Einblicke in die Aufgaben und Funktion des Ministeriums für Staatssicherheit in der DDR" – Zehntklässer der Arnoldischule Gotha beschäftigten sich mit den Stasiakten von Eva und Günther Heinzel und befragten sie anschließend zu ihren Erfahrungen. Bericht des Schülers Friedrich Reucker, 06.04.2017.

"Blick auf ein DDR-Schicksal aus den Perspektiven der Stasi und der Opfer" – traditioneller Besuch von Eva und Günther Heinzel bei den zehnten Klassen der Arnoldischule Gotha. Bericht der Schüler Paul Freise und Fabian Rehme, meinAnzeiger, 23.03.2016.

"Gothaer Schüler konnten Günther Heinzel befragen" – Günther Heinzel zu Besuch in seiner alten Schule, der Arnoldischule Gotha. Thüringer Allgemeine, 22.12.2011.