Zeitzeuge

Dr. Udo Grashoff

Leipzig, Sachsen
* 1966

Ich habe 1989/90 die irrwitzige, euphorisierende aber auch furchterregende Kraft der Freiheit erlebt.

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Kunst/Kultur/Literatur
  • historische Aufarbeitung
  • Alltagserfahrungen
  • Volksaufstand 17. Juni 1953

Biografisches

1966 in Halle (Saale) geboren
1986-1992 Studium der Biochemie in Halle (Saale), Abschluss Diplom
1993-1999 Studium der Geschichte, Germanistik und Komparatistik in Leipzig, Abschluss Magister
1999-2006 Promotion zu Selbsttötungen in der DDR
2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere und Zeitgeschichte der Universität Leipzig
seit 2010 Vorstandsvorsitzender vom Zeit-Geschichte(n) – Verein für erlebte Geschichte e. V. in Halle (Saale)
2014-2020 Fachlektor für Geschichte am University College London
2019 Habilitation zu Verrat im kommunistischen Widerstand gegen das NS-Regime
2020-2022 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Leipzig
derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT)


Veröffentlichungen (Auswahl)

Udo Grashoff: "Die Schlägerei hört einfach nicht auf". Jugendhaus Halle. Gefängnisalltag (1971–1990), Edition Zeitgeschichte(n), Band 9. Halle/Saale: Mitteldeutscher Verlag, 2023.
Udo Grashoff: Gefahr von innen. Verrat im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Göttingen: Wallstein-Verlag, 2021.
Udo Grashoff: Die DDR im Jahr 1990. Zwischen Anarchie und Westintegration, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2021.
Udo Grashoff: Die DDR im Jahr 1977. Zwischen Routine und Resignation, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2019.
Udo Grashoff: Studenten im Aufbruch. Unabhängige studentische Interessenvertretung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1987–1992, Edition Zeitgeschichte(n), Band 6. Halle/Saale: Mitteldeutscher Verlag, 2019.
Udo Grashoff: Wir wollen freie Menschen sein. Der DDR-Volksaufstand vom 17. Juni 1953, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und der Bundesstiftung Aufarbeitung, 2013.
Udo Grashoff: Schwarzwohnen. Die Unterwanderung der staatlichen Wohnraumlenkung in der DDR. Göttingen: V&R Unipress, 2011.
Udo Grashoff: In einem Anfall von Depression... Selbsttötungen in der DDR. Berlin: Ch. Links Verlag, 2006.
Udo Grashoff: Ich möchte jetzt schließen. Briefe vor dem Freitod. Leipzig: Reclam Verlag, 2004.
Udo Grashoff: Erhöhter Vorkommnisanfall. Aktionen nach der Biermann-Ausbürgerung im Bezirk Halle. Halle/Saale: Verein für Zeit-Geschichte(n), 2001.

Kurzbeschreibung

Udo Grashoff ist eher Wissenschaftler als Zeitzeuge. Viele seiner Forschungsprojekte knüpfen jedoch an seine biografischen Erfahrungen in der DDR an.
Grashoff studierte zunächst Biochemie in Halle (Saale), gründete 1988 eine studentische Öko-Gruppe und gehörte 1989 zu den Mitbegründern des Studentenrates der Martin-Luther-Universität. Er kennt Schwarzwohnen aus eigenem Erleben, seine Forschungen zu Verrat in der illegalen KPD sind seine Reaktion auf die Halbwahrheiten der antifaschistischen Erziehung in der DDR. Ab 1989 sang und textete er in der Band „Die (Z)erbrochenen Igel“.
Grashoff interessiert sich besonders für jene Themen, die in der DDR tabuisiert wurden. 2006 promovierte er über Selbsttötungen in der DDR. Während der Promotion arbeitete er als Journalist und war Stipendiat der Bundesstiftung Aufarbeitung. Er bereitete Ausstellungen über den 17. Juni 1953 vor und publizierte zu Themen der Regional- und Zeitgeschichte. Das thematische Spektrum reicht von der Ausbürgerung Wolf Biermanns über Suizid und Verrat bis hin zum sogenannten Schwarzwohnen. Die Forschungen zum Thema Selbsttötung erreichten internationale Resonanz. Mehrfach publizierte er zur Friedlichen Revolution, kuratierte die Wanderausstellung „Der Demokratische Aufbruch 1989/90“ und war Autor von Radiofeatures für MDR Kultur und RBB. 2019 habilitierte er an der Universität Leipzig über „Verrat im kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Nach sechs Jahren als Hochschuldozent in London lehrt er momentan am Lehrstuhl für Geschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts an der Universität Leipzig und wirkt zudem als Vorstandsvorsitzender des Vereins „Zeit-Geschichte(n)“ in Halle (Saale).

Bericht

"Man springt nicht von einer Ideologie zur nächsten" – Interview mit Dr. Udo Grashoff, von Alisa Trojanski und Lisa Seitz, in: Die Spiesser-Schreibwerkstatt zum 17. Juni 1953.