Zeitzeuge

Sybille Ebelt

Köln, Nordrhein-Westfalen
* 1948

Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren. (Bertolt Brecht)

Themen
  • Kunst/Kultur/Literatur
  • Mauerfall 9. November 1989
  • Bildung/Erziehung
  • Umbruchserfahrungen seit 1989/90
  • Staatssicherheit

Biografisches

1948 geboren in Neuhardenberg/Kreis Lebus in Brandenburg
1966 Abitur an der Erweiterten Oberschule in Seelow (Mark)
1966-1970 Studium an der Fachschule für Bibliothekare „Erich Weinert“ in Leipzig
1970-1971 Tätigkeit an der Stadtbezirksbibliothek Berlin-Prenzlauer Berg
1971-1975 Rückkehr nach Leipzig, Studium der Kultur- und Kunstwissenschaften an der Leipziger Universität
1975-1976 kurze Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Auslandssekretariat Sozialistisches Ausland (ohne Reiseerlaubnis) des Verbandes Bildender Künstler
1976-1983 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Bibliothekswesen (ZIB), redaktionelle Tätigkeit beim Informationsdienst für die Öffentlichen Bibliotheken der DDR (ID), Buchbesprechungen
ab Ende 1983 Ich fühlte mich am Arbeitsplatz bespitzelt und gab die Tätigkeit auf. Freiberuflichkeit unter schwierigen Bedingungen als Buchrezensentin und Bildbesprecherin (für Artotheken) für das ZIB, als Rezensentin für die Kulturseite der überregionalen Tageszeitung „Der Morgen“ der LDPD (bis 1991), Übersetzerin („Sagen und Märchen aus Lappland“)
1992-1993 im Rahmen einer ABM-Stelle gemeinsam mit Ulla Jung Arbeit am Buch „SpurenSuche: Frauen in Pankow“ (Porträts von Frauen, die Besonderes geleistet haben in Vergangenheit und Gegenwart)
1994-1995 Entwicklung der ersten Schülerzeitung einer Grundschule im Osten Deutschlands, an einer Schule in Berlin-Prenzlauer Berg, und daraus ein Buch mit und für Kinder („Schräge Vögel I: Wir sind Kinder vom Prenzlauer Berg“)
seit 1995 freiberufliche Tätigkeit als Journalistin, Übersetzerin, Autorin sowie als  Deutschlehrerin auch für Menschen mit Migrationshintergrund in Köln    
heute Rentnerin und Autorin, Mitglied des „Verbandes deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller in ver.di“ (VS) und des Autoren-Forums Köln
Engagement: Ich gebe allen Petitionen meine Stimme, die sich für den Erhalt von oder für mehr Demokratie einsetzen und für die Verbesserung der Welt im Kleinen wie im Großen.

 

Veröffentlichungen

Sybille B. Lindt (Sybille Ebelt): Großmutter kam aus Thlokerhauland, Band 1: Kindheit in der brandenburgischen Provinz. Bad Laer: Pohlmann Verlag, 2024.

Sybille B. Ebelt: Wollen wir wirklich hier bleiben? Briefe aus Sarmstorf. Selbstverlag über tredition, 2018.

Sybille B. Lindt (Sybille Ebelt), H. Emge, S. Schönhof: Ungleiche Schwestern, Herdecke 2000, Neuausgabe Bautz Verlag, Nordhausen 2006.

Sybille Bludau-Ebelt und Ulla Jung: SpurenSuche: Frauen in Pankow, Berlin 1996.

Kurzbeschreibung

Mein Vater wurde durch den Zwangsvereinigungs-Parteitag im Jahr 1946 vom SPD-Mitglied zum SED-Mitglied. Er arbeitete später als "kleiner" Funktionär in der Volksbildung, dennoch riet er mir, nicht in die SED einzutreten, was ich auch zu keinem Zeitpunkt wollte. Schon früh erlebte ich, dass es zwei Leben in der DDR gab, das Leben der SED-Genossen (mit Aufstiegsmöglichkeiten) und das Leben der Nichtgenossen (mit Beschränkungen). Ich war gerade in der zwölften Klasse, als wir einer Gerichtsverhandlung beiwohnen mussten, bei der ein Mitschüler wegen eines Fluchtversuchs zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Das Verfahren sollte uns abschrecken.
Wie ich später aus meiner Stasi-Akte erfuhr, stand ich schon 1975 unter Beobachtung, weil ein Freund bei mir übernachtete, der seine Flucht plante. Später in den 1980er-Jahren bekam mein Mann keine Reiseerlaubnis für ein Engagement in der Schweiz und wurde arbeitslos. Als meine Tochter trotz eines Notendurchschnitts von 1,0 in allen Schuljahren der Zugang zum Abitur verwehrt wurde, kämpfte ich mich durch alle Instanzen bis zum Büro von Erich Honecker. Erst dann durfte sie das Abitur ablegen. Als ich erfuhr, dass nur vier der 23 Schüler ihrer Klasse Eltern ohne SED-Mitgliedschaft hatten und zwei Schüler nur durch Eingabe auf die Schule gekommen waren, begriff ich, dass die Macht sich nur noch selbst bediente.
Seit der Ausbürgerung von Bärbel Bohley und anderen Bürgerrechtlern gingen mein Mann und ich zu den Bitt-Gottesdiensten und Demonstrationen und unterschrieben im September 1989 den Aufruf des Neuen Forums. Am 09. November 1989 stand ich an der Bornholmer Brücke in Berlin und erlebte die Öffnung der Mauer nach 28 Jahren deutscher Teilung.