Zeitzeuge

Dr. Jutta Begenau

Berlin, Berlin
* 1949

Die Ideale des Kommunismus – in der DDR fand ich sie nicht.

Themen
  • Mauerbau 13. August 1961
  • Staatssicherheit

Biografisches

01.09.1949 geboren in Apollensdorf bei Wittenberg
1956-1964 POS Berlin-Schöneweide und POS Birkenwerder
1964-1968 EOS in Hennigsdorf und Berufsschule Oranienburg, Lehrbetrieb VEB Lokomotivbau, Elektrotechnische Werke (LEW) „Hans Beimler“ in Hennigsdorf
1968 Abitur und Facharbeiterabschluss als Industriekauffrau
1968-1969 Hilfserzieherin im Kinderheim A. S. Makarenko in Berlin-Schöneweide
1969-1970 Sachbearbeiterin im Fundus des Museums für Deutsche Geschichte Berlin
1970-1974 Studium der Philosophie und Soziologie an der Humboldt-Universität Berlin (HUB)
1974-1977 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Internationale Politik und Wirtschaft in Berlin
1978-1982 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie an der HUB
1983 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Medizinischen Fakultät der HUB/Charite an der Universitätsfrauenklinik
1985 Promotion
bis heute arbeitet sie an der Charite, inzwischen aber am Institut für Medizinische Soziologie  

Kurzbeschreibung

Jutta Begenau wurde 1949 in Apollensdorf bei Wittenberg geboren. Ihre Kindheit bestimmte der Glauben an die Ideale des Kommunismus: Solidarität, Gerechtigkeit, Aufhebung der entfremdeten Arbeit. Alle Menschen sollten nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen leben. Als ihr Vater 1958, ein hoher Parteifunktionär, abgesetzt wurde, um fortan als Schlosser zu arbeiten, erloschen ihre Ideale. Ab Mitte der 1960er-Jahre wurde ihr klar, dass es ohne Reformen keinen Sozialismus in der DDR geben konnte. Der Einmarsch in die CSSR am 21. August 1968 – kurz nach ihrem Abitur – zerschlug alle Hoffnungen. In der Nacht vom 24. zum 25. August verbreitete sie mit zwei Bekannten Flugblätter gegen den Einmarsch. Im November 1969 führte diese Aktion zu Verhören bei der Potsdamer Staatsicherheit. Mit Studiumsbeginn begann ein fast 20 Jahre währendes Leben zwischen Normalität und Konspiration. Sie gründete eine Gruppe, die sich in linksreformerischer Perspektive mit Stalinismus, Rätedemokratie, humanistischen Bildungskonzepten und Eurokommunismus auseinandersetzte, um eigene Konzepte zu entwickeln. Ab Mitte der 1970er-Jahre vernetzte sich die Gruppe mit Gleichgesinnten vor allem aus Ost-Berlin, aber auch aus Polen und Ungarn. So entstand eine Bibliothek verbotener Literatur. Die Enttarnung ihrer Gruppe durch das MfS 1977 hatte Haus- und Arbeitsplatzdurchsuchungen, Festnahmen und Strafversetzungen von Gruppenmitgliedern in die Produktion zur Folge. Dennoch blieb die Gruppe bestehen und knüpfte neue Kontakte in den kirchlichen Bereich.