Zeitzeuge

Bodo Walther

Leipzig, Sachsen
* 1960

Als ich 1984 meinen Leipziger Freunden sagte: „Ich bin wieder da, wenn die Mauer weg ist“,
hatte ich nicht wirklich gedacht, dass das einmal so kommen würde …

Themen
  • politische Haft
  • deutsche Einheit
  • Ausreise/Ausbürgerung
  • Flucht/Fluchthilfe

Biografisches

1960 geboren in Weißenfels (Sachsen-Anhalt)
Gärtnerlehre
1980 Fluchtversuch über die ungarisch-österreichische Grenze, Verurteilung zu 20 Monaten Haft
1982 Haftentlassung in die DDR, Arbeit als Gärtner
1983 Eröffnung des Operativen Vorgangs "Gärtner" durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
1984 Verhaftung wegen "ungesetzlicher Verbindungsaufnahme" zu einer westlichen Menschenrechtsorganisation, weitere 16 Monate Haft, in dieser Zeit "Adoption" durch eine Gruppe der Gefangenenhilfsorganisation "amnesty international" in Bradford/Großbritannien
1985 Haftentlassung und Abschiebung nach Baden-Württemberg, Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, seitdem Engagement bei amnesty international
1991-1994 Rechtsreferendar in der Oberpfalz, Wahlstation in St. Petersburg (Russland)
1994/1995 Aufbau der Wiedergutmachungsbehörde (Rehabilitierungsbehörde) in Leipzig
1995-2006 Landesbeamter am Regierungspräsidium/Landesverwaltungsamt in Halle (Saale)
2006-2010 Kommunalwahlbeamter, Leitung des gemeinsamen Verwaltungsamtes der Verwaltungsgemeinschaft Saaletal (Sachsen-Anhalt)
seit 2010 Rechtsanwalt

Kurzbeschreibung

Bodo Walther hatte nach seiner ersten Verhaftung 1980 darauf gehofft, aus der DDR-Haft in Brandenburg-Görden von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft und in den Westen entlassen zu werden. Doch es kam anders. Seine zwei Jahre jüngere Schwester Gesine lief damals mit Marlies Göhr und Bärbel Wöckel in der DDR-Olympiaauswahl der 4 x 100 Meter-Staffel. Sie sollte zunächst ihre Karriere beenden. Dann aber wurde Bodo Walther in die DDR entlassen. Hier begann er politisch aktiv zu arbeiten. 1983 eröffnete die Staatssicherheit gegen ihn einen "Operativen Vorgang" mit dem Einsatz von acht Inoffiziellen Mitarbeitern und einem „Maßnahmeplan“, einschließlich einer konspirativen Hausdurchsuchung. 1984 wurde er erneut inhaftiert und 1985, seine Schwester hatte ihre Sportkarriere inzwischen aufgegeben, wurde er in die Bundesrepublik abgeschoben. Wenige Wochen nach dem Fall der Mauer 1989 engagierte er sich bei den ersten freien Volkskammerwahlen der DDR.

Material

Hintergrund: Amnesty international und die DDR auf jugendopposition.de

Erlebnisbericht von Bodo Walther auf der Internetseite des Bautzen-Komitees e.V. über seine Hafterfahrungen.