Zeitzeuge

Andreas Schönfelder

Großhennersdorf, Sachsen
* 1958

Das ist das Schwerste: Zu wissen verborgenes Maß der Erkenntnis. Aber in ihm ruht allein jeder entscheidende Sinn. (Solon von Athen)

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Kunst/Kultur/Literatur
  • Umbruchserfahrungen seit 1989/90

Biografisches

1958 geboren in Oberschlema
1964-1974 Grundschule in Aue und Gera
1974-1977 Baufacharbeiter mit Abitur
1977-1990 Arbeit mit geistig Behinderten im "Katharinenhof" in Großhennersdorf und im "Ewald-Melzer-Heim"
1979-1981 Facharbeiter für Krankenpflege in Löbau und Studium an der Fachhochschule Zittau/Görlitz
1993-1996 Tätigkeit im Bereich Sozialarbeit/Sozialpädagogik in Görlitz
1991 bis heute Leiter der Umweltbibliothek Großhennersdorf

Kurzbeschreibung

Als Schüler noch zu einem längeren Wehrdienst verpflichtet, hatte sich Andreas Schönfelder während seiner Lehre zur Waffendienstverweigerung entschieden und verweigerte später total. Er engagierte sich für die Initiativen "Sozialer Friedensdienst" und "Schwerter zu Pflugscharen". Schönfelder beriet Wehrdienstverweigerer und gründete 1982 mit Freunden den staatlich unabhängigen "Offenen Friedenskreis Großhennersdorf". Dessen Mitglieder zeigten zu Pfingsten 1983 kritische Plakate, organisierten ein Treffen von Friedensgruppen aus Dresden, Halle und Jena und pflegten Kontakte zu bundesdeutschen Friedensbewegten. 1984/85 entstand um Schönfelder erneut eine Gruppe, die sich mit "Zweidrittel-Welt-Arbeit" befasste. Die Auseinandersetzung mit Diktaturen in Lateinamerika war zuallererst eine Auseinandersetzung über die täglich selbst erlebte Diktatur DDR. Ab 1983 organisierte Schönfelder in Großhennersdorf jährlich Performances mit Bands und Lyriklesungen. Kontakte wuchsen zur illegalen tschechischen Kunstszene. Von 1987 an baute Schönfelder nach dem Berliner Vorbild eine Umweltbibliothek in seinem Wohnhaus auf, die sich dort bis zur Revolution befand und damit als einzige nicht unter dem Dach der Kirche angesiedelt war. Das MfS versuchte die "öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten" und die Verbreitung von Samisdatpublikationen zu verhindern. Im Herbst 1989 machte Schönfelder das "Neue Forum" in der Oberlausitz publik und stellte im Oktober seine Anschrift als Kontaktadresse zur Verfügung. Als Vertreter des Bezirkes Dresden gehörte er dem Republiksprecherrat an und war im "Ausschuss gegen Korruption und Amtsmissbrauch" tätig. Nach 1989 war er vier Jahre Kreisrat und zeitweise Stellvertreter des Bürgermeisters. Bis heute ist er Stadtrat der Stadt Herrnhut und leitet die Umweltbibliothek Großhennersdorf.