Zeitzeuge

Martina Schoeneich

Dießen, Bayern
* 1953

Wer anderen die Freiheit verweigert, verdient sie nicht für sich selbst. (Abraham Lincoln)

Themen
  • Mauerbau 13. August 1961
  • Ausreise/Ausbürgerung
  • Staatssicherheit

Biografisches

1953 geboren in Dohna/Sachsen, verheiratet, zwei Kinder
1971 Abitur in Zwickau im Anschluss an einen vierjährigen Internatsaufenthalt
1971-1979 Tätigkeit bei der Firma Automot in Heidenau und Fernstudium der Binnenhandelsökonomie
1979 Ausreiseantrag und infolgedessen Exmatrikulation
1981 Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland – zunächst nach Hessen, später nach Bayern
1983-2005 Tätigkeiten als Dekorateurin und Abteilungsleiterin Dekoration sowie als Personalsachbearbeiterin
1991-1992 Ausbildung zur Bürokauffrau (IHK)
2004-2006 Psychologie-Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München
2007-2013 Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin bei der Arbeitsagentur
1997-2005 ehrenamtliche Richterin am Verwaltungsgericht München
2021 Gewinnerin der ARD-Aktion „60 Jahre Mauerbau. Was ist Eure Geschichte?“ mit einem Videobeitrag über die Fluchtgeschichte ihrer Eltern im August 1961


Veröffentlichung

Martina Schoeneich: Deckname „Borke“. Tagebuch einer Ausreise aus der DDR von 1979-1981. Offenbach: Verlag Lindemann Druckerei, 2. Auflage 2019, ISBN: 978-3-00-064271-5.

Kurzbeschreibung

Während ihres vierjährigen Internatsaufenthalts machte Martina Schoeneich erste Erfahrungen mit Bespitzelung durch den Internatsleiter, weil sie Kontakte zur Jungen Gemeinde hatte und Kirchenkonzerte besuchte. 1971 schloss sie die Schule mit Abitur ab. Anschließend arbeitete sie als Sachbearbeiterin bei der Firma Automot in Heidenau und absolvierte gleichzeitig ein Fernstudium zum Binnenhandelsökonom. 1972 und 1978 wurden ihre Töchter geboren.
1979 stellten Martina Schoeneich und ihr Mann einen Ausreiseantrag, in dem sie sich auf die Schlussakte von Helsinki und die UN-Menschenrechtscharta bezogen, an die sich die DDR gebunden hatte. In der Folge wurde sie von ihrem Studium exmatrikuliert und kündigte angesichts der drohenden Versetzung als Hilfsarbeiterin in das Lager von Automot ihre Stelle. Ihr Ehemann wurde vom Diplomingenieur zum Gartenarbeiter degradiert. Später beschäftigte die evangelische Kirche beide als Putzfrau bzw. Friedhofsgärtner. Die Zeit bis zur Ausreise war geprägt durch Demütigungen, Verhöre und Stasi-Überwachung (u. a. unter dem Decknamen „Borke“). Des Weiteren erfolgte der Zwangsverkauf des Einfamilienhauses an die Gemeinde.
Am 10.11.1981 wurde Martina Schoeneich die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt und einen Tag später reiste die Familie per Zug aus. In der Bundesrepublik Deutschland gingen die Überwachung und die Kontrolle des Briefverkehrs bis 1985 weiter. Zudem durfte Martina Schoeneich vom Tag ihrer Ausreise bis 1989 nicht mehr in die DDR einreisen.

Berichte (Auswahl)

"Sabrina trifft... Stasiopfer Martina Schoeneich" – Sabrina Gander hat Martina Schoeneich ausführlich zu ihrer Biografie interviewt. Podcast für den Radiosender Donau 3 FM, 07.10.2021.

"Eine Katastrophe aus dem Nichts" – Martina Schoeneich berichtet, welchen Einfluss der Bau der Berliner Mauer auf ihre Familie hatte. Artikel von Simon Kaminski, Augsburger Allgemeine (Stadt), 13.08.2021.

"Martina Schoeneich und der Traum von der Freiheit". Ammersee Kurier, 02.10.2020.

"Tag der Deutschen Einheit: 30 Jahre Ost-West-Geschichte in Landsberg". Artikel von Julia Greif, Thomas Wunder und Gerald Modlinger; Landsberger Tagblatt; 02.10.2020.