Zeitzeuge

Mario Röllig

Berlin, Berlin
* 1967

Es wird der Tag kommen, an dem ich das graue Gefängnistor von Hohenschönhausen für immer hinter mir schließe. Aber erst, wenn in jedem Schulgeschichtsbuch steht: Die DDR war eine Diktatur!

Themen
  • politische Haft
  • Ausreise/Ausbürgerung
  • Flucht/Fluchthilfe

Biografisches

1967 in Ost-Berlin geboren
1987 Fluchtversuch über Ungarn
1988 Ausbürgerung aus der DDR
1989 Umzug nach West-Berlin
seit 1999 diverse Interviews und Veröffentlichungen in Tageszeitungen und Magazinen
2009 Mitwirkung an dem Dokumentarfilm „Gesicht zur Wand“ von Stefan Weinert

Kurzbeschreibung

Mario Röllig absolvierte nach dem Abschluss der Oberschule eine Ausbildung zum Restaurantfachmann. Nach seinem Coming-out als Homosexueller befreundete er sich im Alter von 17 Jahren mit einem West-Berliner Politiker. Mitarbeiter des MfS versuchten ihn daraufhin als Inoffiziellen Mitarbeiter anzuwerben. Weil er dies ablehnte, wurde er massiv unter Druck gesetzt. 1987 versuchte er deshalb, über Ungarn nach Jugoslawien zu fliehen. Die ungarische Grenzpolizei verhaftete Röllig und übergab ihn dem DDR-Staatssicherheitsdienst. Daraufhin kam er für drei Monate in das Untersuchungsgefängnis nach Berlin-Hohenschönhausen. Nach seiner Entlassung erfuhr er persönliche und berufliche Repressalien, sodass er umgehend einen Ausreiseantrag stellte. Anfang 1988 nahm er an oppositionellen Veranstaltungen innerhalb der evangelischen Kirche teil. Nach einem Protestbrief an Erich Honecker wurde er schließlich 1988 aus der DDR ausgebürgert. Erst 1997 erfuhr er aus seinen Stasi-Akten, wo er zehn Jahre zuvor inhaftiert war. Nach einer Wiederbegegnung mit einem seiner ehemaligen Vernehmer aus Hohenschönhausen kehrte das Trauma der Inhaftierung zurück. Heute setzt er sich öffentlich mit seiner Geschichte auseinander und engagiert sich in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen sowie in Schüler- und Kunstprojekten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Videointerviews

Video 1 (oben): Bei dem Projekt „Stimmen der Opposition“ führen Schülerinnen und Schüler Interviews mit einem Zeitzeugen. Es entsteht ein Bild der DDR-Bürgerrechtsbewegung, gesehen mit den Augen der heutigen Jugendlichen. Das Zeitzeugeninterview mit Lothar Rochau wurde veröffentlicht. Eine Kurzversion finden Sie hier.
Projekt der Deutschen Gesellschaft e. V., gefördert durch die Bundesstiftung Aufarbeitung.

Video 2: Multimediareportage: "Über das Erlebte zu sprechen, befreit unheimlich."
Mario Röllig berichtet über sein Leben, seine Haftzeit in Berlin-Hohenschönhausen und seine Arbeit als Referent in der Gedenkstätte Hohenschönhausen
Film von Ludolf Dahmen, Fotograf.

Berichte

"Aufklärung ist die beste Waffe" - Interview mit Mario Röllig, durchgeführt von der Presse-AG des Gymnasium Kenzingen. Badische Zeitung, 02.12.2017.

"Aus dem Staatssicherheitsgefängnis in die Freiheit" - Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen des Leibniz-Gymnasiums in Altdorf hörten gespannt den Erzählungen von Maro Röllig zu, 16.07.2015.

"Weitwurf mit Granaten-Attrappen" - Mario Röllig besuchte Schülerinnen und Schüler der Lender Heimschule. Die Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen interessierten sich besonders für die Erziehung in Kindergarten und Schule in der DDR. Baden Online, 30.05.2015.

Reportage

"328 - Mario Röllig" - Dieter Tietz erzählt in einer Reportage aus Fotos und Texten, gesprochen von Mario Röllig selbst, dessen Geschichte. Die Bilder und Originalaufnahmen können auf www.dietertietz.de erlebt werden und berichten von Mario Rölligs Leben in der DDR, von seiner Flucht, dem Alltag in Gefängnis und der Zeit nach seiner Entlassung. Eine Auswahl der Fotos wird vom 10.–19.10.2014 im Rahmen der Gruppenausstellung “Strategien der Macht” und des 6. Europäischen Monat der Fotografie Berlin, im Studio 1 im Kunstquartier Bethanien zu sehen sein.