Zeitzeuge

Peter Neumann

Berlin, Berlin
* 1955

Ich bin immer noch erstaunt, dass der Machtwechsel vergleichsweise gewaltfrei verlief.

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Mauerfall 9. November 1989
  • Umbruchserfahrungen seit 1989/90

Biografisches

1955 in Berlin geboren
1961-1971 Polytechnische Oberschule in Berlin-Weißensee
1971-1973 Facharbeiterausbildung – Wartungsmechaniker bei Robotron Berlin
1975-1977 Wehrersatzdienst
1979 Exmatrikulation von der Ingenieurschule für Elektrotechnik Berlin vom Nachrichtentechnik-Studium wegen "Verstoßes gegen die Studiendisziplin"
1981 "Bewährung in der sozialistischen Produktion" (im Betonwerk Berlin Hohenschönhausen)
1988 Gründung der Umweltgruppe „Grüner Baum“
1989 im Mai "Wahlbeobachter", im September Beitritt zum "Neuen Forum"
1990 Januar bis März Leiter der Operativgruppe zur Stasi-Auflösung in Berlin
1990-1991 Projektgruppe  "Auflösung des MFS, Erarbeitung einer Sicherheitskonzeption"
1990 Mitbegründer des Vereins "Kinder von Tschernobyl"
seit 1994 Projekt- und Qualitätsentwicklung in der Jugendsozialarbeit in Berlin

Kurzbeschreibung

Peter Neumann lernte als Nichtpionier schnell die Nachteile der sozialistischen Bildungspolitik kennen. Wer kein Pionier war und nicht der FDJ beitrat, durfte kein Abitur machen. Der spätere FDJ-Eintritt ermöglichte jedoch 1978 die Aufnahme eines Direktstudiums. Nach seiner  Verweigerung, sich für eine FDJ-Großveranstaltung kasernieren zu lassen, erfolgte der FDJ-Ausschluss und die sofortige Exmatrikulation mit anschließender "Bewährung in der sozialistischen Produktion". Während der "Bewährung" im sozialistischen Betonwerk gründete er 1988 die Umweltgruppe "Grüner Baum" und brachte die offensichtlichen Missstände erst an die Wandzeitung und später zur Anzeige. 1988 protestierte er gegen die Verleihung des Karl Marx-Ordens an Nicolae Ceausescu und gegen das "Sputnik"-Verbot. Ab dem 7. Mai 1989 unterstützte er die Gruppe der "unabhängigen Wahlbeobachter" beim Nachweis der SED-Wahlfälschung. Im September 1989 trat er dem "Neuen Forum" bei und forderte in "seinem" Betonwerk öffentliche Parteiversammlungen mit Teilnahme von Vertretern des "Neuen Forums". Nach der Öffnung der Stasi-Zentrale am 15. Januar 1990 arbeitete Neumann erst im Bürgerkomitee und dann bis zur ersten freien Volkskammerwahl als Leiter der Operativen Gruppe der AG Sicherheit des Zentralen Runden Tisches. Hier versuchte er mit einem Team junger Menschen während der Wirren der Auflösung Licht in das dunkle Geheimdienstgeschäft zu bringen. 1990 und 1991 arbeitete Neumann innerhalb der Berliner Innenverwaltung in einer Projektgruppe "Auflösung des MfS/AFNS, Erarbeitung einer Sicherheitskonzeption". Schwerpunkt in dieser Tätigkeit war die Aufarbeitung der Vermögenswerte des MfS sowie die Personalüberprüfungen des öffentlichen Dienstes. Heute arbeitet Neumann als Qualitätsmanagement-Beauftragter in einem freien Träger der Jugendsozialarbeit in Berlin.