Zeitzeuge

Mike Mutterlose

Hanau, Hessen
* 1968

Am Ende stieg immer der Schlechteste auf, siegte im Zweifelsfall in fast jedem das Böse, die Feigheit, der Verrat, weil es das gesellschaftliche Muster war.

Themen
  • politische Haft
  • Parteien
  • Freikauf
  • Flucht/Fluchthilfe

Biografisches

1968 geboren in Rosslau (Elbe)
bis 1985 Besuch der Polytechnischen Oberschule in Rostock-Schmarl
1985-1987 Ausbildung zum Hotelfachmann in Rostock-Warnemünde
1988 Fluchtversuch und Inhaftierung durch das MfS
1989 Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland
1989-1992 Tätigkeit im Hotelgewerbe
seit 1992 Tätigkeit in der Modebranche
1998-2007 politisches Engagement in der CDU Langenselbold
2007-2011 Engagement in der FDP Langenselbold
seit 2011 Gründungsmitglied der Freien Wähler Langenselbold

Kurzbeschreibung

Mike Mutterlose suchte seit den 1980er-Jahren nach Ausreisemöglichkeiten aus der DDR, weil er unzufrieden war: Seine Mutter hatte ein Berufsverbot erhalten und zu seinen Großeltern in der Bundesrepublik hatte die SED eine Nachrichtensperre verhängt. Als sich die gesundheitliche Situation der Großeltern verschlechterte, beantragte er eine Besuchsreise in den Westen. Die Reise wurde ihm verwehrt, weil er seinen Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) noch nicht abgeleistet hatte. Seit diesem Zeitpunkt plante Mike Mutterlose die Flucht. Im Sommer 1988 scheiterte sein Versuch, bei Bratislava die österreichische Grenze zu überqueren. Die Grenztruppen verhafteten ihn, es folgte eine Inhaftierung durch das MfS in Berlin und Rostock und die Verurteilung wegen versuchter "Republikflucht". Die Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten musste Mike Mutterlose in der Haftanstalt in Karl-Marx Stadt (heutige Chemnitz) nicht voll verbüßen. Nach elf Monaten Haft wurde Mike Mutterlose von der Bundesregierung freigekauft und in den Westen entlassen. Kurze Zeit darauf erfolgte seine vollständige strafrechtliche und berufliche Rehabilitierung. Mike Mutterlose ist seit seinem Freikauf Mitglied in Häftlingsverbänden, Mitbegründer der "Initiative für Gerechtigkeit von SED Opfern" und Mitglied in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS) e. V. Seit 1998 engagiert er sich auch parteipolitisch.

Gedenktafel

Zur Erinnerung an die politischen Gefangenen des SED-Regimes, die in der DDR-Strafvollzugseinrichtung Karl-Marx-Stadt seit Beginn der 1970er-Jahre ihre Haftstrafe verbüßen mussten, wurde am 24. Mai 2016 an der heutigen Justizvollzugsanstalt Chemnitz eine Gedenktafel enthüllt.

Mike Mutterlose war zusammen mit Dieter Gollnick (Foto) einer der Initiatoren der Gedenktafel und hatte sich bereits seit Mai 2013 als ehemaliger politischer Inhaftierter der Anstalt für ein öffentliches Erinnern an begangenes Unrecht eingesetzt. Durch Recherchen der Stiftung Sächsische Gedenkstätten im Chemnitzer Stasi-Unterlagen-Archiv ließ sich schließlich belegen, dass im früheren DDR-Gefängnis eine bedeutende Anzahl politischer Häftlinge einsaß.

Berichte

„Enthüllung einer Gedenktafel für politische Gefangene der DDR-Strafvollzugseinrichtung Karl-Marx-Stadt“ – Pressemitteilung über die neu angebrachte Gedenktafel an der heutigen JVA Chemnitz. Stiftung Sächsische Gedenkstätten, 19.05.2016.

Gedenktafel für DDR-Häftlinge“ – Bericht über die Enthüllung der Gedenktafel für die politisch Inhaftierten im DDR-Gefängnis in der Reichenhainer Straße und die dafür nötigen Bemühungen. OVB, 09.06.2016.

Weitere Informationen

Im Schwerpunkt "Flucht, Fluchthilfe und Frekiaf" stehen weitere Informationen, Zeitzeugen und Unterrichtsmaterialien zum Thema "Freikauf" zur Verfügung.

  • Enthüllung der Gedenktafel für die politisch Inhaftierten im DDR-Gefängnis in der Reichenhainer Straße.