Zeitzeuge

Ralf Kotowski

Köln, Nordrhein-Westfalen
* 1940
† 2018

Die Friedensbewegung 'Schwerter zu Pflugscharen' (Micha 4, Vers 3) war eine Oppositionsbewegung.
Das MfS wähnte hier 'den Gegner' bereits am Werk und hatte Recht. Wir waren Gegner.

Themen
  • Opposition/Bürgerrechtsbewegung
  • Medien
  • politische Haft
  • verstorbene Zeitzeugen

Biografisches

1940 geboren in Berlin-Lichtenberg
1957 Abschluss Mittlere Reife
1960 Berufsabschluss Funkmechaniker, beschäftigt im Funkamt Königs Wusterhausen und Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamt Berlin-Adlershof
1965 Abschluss Ingenieurstudium, beschäftigt als Entwicklungsingenieur im Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamt Berlin-Adlershof
1971 Wechsel in die Studiotechnik Fernsehen Berlin-Adlershof
1978 fristlose Entlassung wegen Verfassens eines pazifistischen Aufrufs zur atomaren Abrüstung (Berufsverbot), sechs Jahre lang Beschäftigung als Lagerverwalter mit halbem Gehalt im Kombinat Fernmeldebau
1978-1984 in der „eigenständigen kirchlichen Friedensbewegung der DDR“ engagiert, politische Verfolgung durch das MfS, das die OPK-Akte „Verfasser“ anlegte
Frühjahr 1984 Verhaftung wegen "ungesetzlicher Verbindungsaufnahme" und Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe, Haft in Berlin-Hohenschönhausen und Cottbus
Herbst 1985 Freikauf durch die Bundesrepublik, Ehefrau und Tochter durften zwei Monate später nachreisen
1985 Nachdiplomierung (Anerkennung der DDR-Ingenieursausbildung)
1986 Einstellung als Fernsehingenieur beim WDR
2003 Eintritt in den Ruhestand nach 18-jähriger Tätigkeit beim WDR

Ralf Kotowski ist leider im Januar 2018 verstorben.


Veröffentlichung (Auswahl)

Auszüge aus seinen Stasi-Akten stellt Ralf Kotowski auf seiner Internetseite www.opk-akte-verfasser.de zur Verfügung.

 

Kurzbeschreibung

Am 17. April 1978 verfasste Ralf Kotowski mit drei Kollegen beim Fernsehen der DDR in Anlehnung an ein Buch von Dr. Albert Schweitzer einen Aufruf zur Abrüstung und Entspannung. Diesen wollten sie im Arbeitskollektiv unterschreiben lassen und an die UNO schicken. Dazu kam es nicht, weil Ralf Kotowski vom Direktor mit den Worten: "Die Atombombe in der Arbeiterhand ist der Garant für den Frieden" fristlos entlassen wurde. Kotowski schloss sich den an vielen Orten in der DDR entstehenden Friedensgruppen an. Die Stasi beobachtete und leitete eine operative Personenkontrolle (OPK) mit dem Decknamen „Verfasser“ ein. Kotowski wurde am 24. April 1984 festgenommen und im Stasigefängnis Berlin-Hohenschönhausen verhört. Durch Isolationshaft wurde er dazu erpresst, alles zu gestehen. Das Kreisgericht Potsdam verurteilte den Friedensaktivisten zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Mit dem „Grotewohl-Express“ wurde er ins Zuchthaus Cottbus gebracht, wo er weiteren Schikanen ausgesetzt war. Am 27. August 1985 kaufte die Bundesregierung Kotowski frei. Zwei Monate später durften auch Kotowskis Frau und Kind ausreisen. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete Kotowski beim WDR als Fernsehingenieur.

Berichte

"Opfer des SED-Regimes spricht zu Schülern": Ralf Kotowski zu Gast am Velberter Geschwister-Scholl-Gymnasium. WAZ, 23.02.2015.

"Die Mauer hat uns alles genommen": Ralf Kotowski besuchte die 9a des Joseph-Haydn-Gymnasiums im westfälisch Senden. Die Schülerinnen und Schüler lauschten seinen Schilderungen in ihrem Klassenraum. Er erzählte, wie er als Jugendlicher die DDR erlebte und aus welchen Gründen er sich einer kirchlichen Friedensbewegung anschloss. Die Westfälischen Nachrichten berichteten darüber am 27. Juni 2014.