Zeitzeuge

Paul Grunwald

Dahn, Rheinland-Pfalz
* 1939

Ich war den Behörden ein politisches Ärgernis.

Themen
  • Volksaufstand 17. Juni 1953
  • Ausreise/Ausbürgerung

Biografisches

1939 in Zechern, Ostpreußen geboren (im heutigen Landkreis Lidzbark Warminski, Polen)
1945 Tod der Eltern
1947 Umsiedlung und Einschulung in Delitzsch
1953 Beteiligung am Volksaufstand vom 17. Juni und Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland
1960 Abitur in Pirmasens
1960-1966 Studium der Germanistik, Geschichte und katholischen Theologie in Freiburg und Berlin
1968-1973 Lehrer am Neusprachlichen Gymnasium Pirmasens
1973-1980 (Ober-)Studienrat an der Goethe-Schule in Buenos Aires, Argentinien
1980-1987 Lehrtätigkeit am Leibnitz-Gymnasium Pirmasens
1987-1995 Schulleiter der Deutschen Schule in Concepción, Chile
1995-2002 Oberstudiendirektor am Immanuel-Kant-Gymnasium in Pirmasens
seit 2002 Jugendtrainer des Tischtennisclubs Dahn
seit 2004 Mitglied des Stadtrates von Dahn

Kurzbeschreibung

Paul Grunwald verlor während des Jahres 1945 beide Elternteile und kam 1947 in ein Kinderheim in Delitzsch. Die einzigen guten Erinnerungen an diese Zeit verband er mit der katholischen Kirche, bei der er Messdiener wurde. Dreimal kam er in dieser Zeit zu verschiedenen Pflegeeltern und erst bei der dritten Familie blieb der "verhinderte Jungpionier" für längere Zeit. Dem sehr guten Schüler blieb der Weg zur Oberschule versperrt, weil er sich weigerte, in den SED-Jugendorganisationen mitzuwirken. Als Jugendlicher nahm Paul Grunwald am Volksaufstand vom 17. Juni 1953 teil. Bei Protesten vor dem Volkspolizeikreisamt in Delitzsch wurde der 13-Jährige durch einen Schuss in die Menge getroffen. Zwei Todesopfer waren zu beklagen. Nachdem er seinen Schulterschuss im Krankenhaus auskuriert hatte, konnte er mit seinen Pflegeeltern in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln. Nach mehreren Versuchen wurde dem Ausreiseantrag der Familie stattgegeben. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ihr Pflegesohn mitkäme, denn seit dem 17. Juni war Paul Grunwald "den Behörden ein politisches Ärgernis". Nach der Umsiedlung riss er von seinen Pflegeeltern aus und bereiste per Anhalter Frankreich und Italien. Nach der Rückkehr landete er in einem Jugendheim für DDR-Flüchtlinge in Dahn. Nach dem Abitur und dem Studium machte Paul Grunwald eine erfolgreiche Karriere als Lehrer und Schulleiter in Pirmasens, Argentinien und Chile.

Berichte

- Karl Kissel: Dahn. Eine Chronik, Dahn 1997.
- Volker Koop: Der 17. Juni 1953, Siedler-Verlag, Berlin 2003, S. 241.

- Artikel: "Paul Grunwald berichtet über den Aufstand am 17. Juni 1953 in der DDR", Homepage des Otfried-von-Weißenburg-Gymnasiums. (12. Juni 2006)