Zeitzeuge

Andreas Golz (vormals Freund)

Ainring, Bayern
* 1966

Wer die Wahrheit nicht kennt, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher. (Bertold Brecht)

Themen
  • politische Haft
  • Heimerfahrungen
  • Bildung/Erziehung
  • Staatssicherheit
  • Ausreise/Ausbürgerung
  • Flucht/Fluchthilfe

Biografisches

1966 geboren in Quedlinburg
1979-1980 Durchgangsheim Halle-Goldberg
1980-1981 Spezialkinderheim „Ernst Schneller“ in Eilenburg
1981 14 Tage Arrest im Geschlossenen Jugendwerkhof  Torgau
1981-1982 Jugendwerkhof „Ehre der Arbeit“ Hummelshain sowie sechs weitere Monate im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau
1982-1983 einjährige Inhaftierung wegen „versuchten illegalen Grenzübertritts“ sowie „öffentlicher Herabwürdigung staatlicher Organe“ im Jugendhaus „Frohe Zukunft“ in Halle (Saale)
1983-1989 Ausbildungsverbot aufgrund ehemaliger politischer Inhaftierung
19.04.1989 Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland
1996 Verfilmung der Kindheit in den staatlichen Zwangserziehungseinrichtungen der DDR: „Spurensuche, ich war im Kinderknast von Torgau“
1996-1997 Gründung der „Initiativgruppe ehemaliger Geschlossener Jugendwerkhof Torgau“ e. V.
1985-2000 Tätigkeit als Krankenpfleger
seit 2000 Verrentung aufgrund von PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung)

Weitere Informationen finden Sie unter www.andreasfreund.net.

Andreas Golz stellt sich für Zeitzeugengespräche in Bayern zur Verfügung.
 

Veröffentlichung

Veröffentlichung der Biografie von Andreas Golz (vormalas Freund) in: Sabine Schwiers (Hg.): Gedankensteine II, B. Kühlen Verlag 2015.

Kurzbeschreibung

Bereits in frühen Jahren begann ich das DDR-Regime zu kritisieren. Die Repressalien und die permanente Einengung führten zu meinem ersten Fluchtversuch mit zwölf Jahren. Diese Flucht misslang und von diesem Tag an wurde ich über vier Jahre lang in verschiedenen Einrichtungen der DDR-Jugendhilfe untergebracht. Immer wieder versuchte ich, den unerträglichen Zuständen, dem psychischen Druck und den Zwangsmaßnahmen durch Fluchtversuche zu entkommen. Keiner der Versuche gelang und so hatte ich schon den Entschluss gefasst, trotz der tief gestaffelten Absperrmaßnahmen und der Überwachung einen Fluchtversuch über die Berliner Mauer zu wagen. Aber ein Mitinsasse verriet mich. Nach tagelangen Verhören in der Untersuchungshaft der Staatssicherheit verurteilte man mich zu einem Jahr Gefängnis im Jugendhaus Halle (Saale). Mit 16 Jahren wurde ich entlassen – ich durfte keine Ausbildung beginnen, nicht nach Ost-Berlin einreisen, erhielt einen vorläufigen Personalausweis und musste zwei Jahre lang einer vorgegeben Arbeit nachgehen. Nach Beendigung dieser Zwangsmaßnahmen nahm ich eine  Tätigkeit in der Krankenpflege auf.
Im April 1989 beteiligte ich mich an einem Montagsgebet in Leipzig. Vor der Kirche wollten wir für unsere Rechte demonstrieren und zogen mit etwa 200 Personen zum Alten Rathaus, wo wir mit der Staatsgewalt aneinander gerieten. Diese Demonstration wurde von der Stasi als Zündfunke für weitere Proteste erkannt. Sie versuchten, die von ihnen in der Menge identifizierten bekannten Staatsfeinde loszuwerden, indem sie viele bis dahin ignorierte Ausreiseanträge genehmigten. Am 19. April 1989 war es soweit: Ich konnte die DDR verlassen.

Andreas Golz berichtet von seiner Zeit im Jugendwerkhof Torgau.

Berichte

"Geprügelt, weggesperrt, gedemütigt" - Andreas Freund berichtet über seine Erfahrungen im geschlossenen Jugendwerkof Torgau. Spiegel Online Eines Tages, 14.6.2015.

"Erfahrungsbericht von Andreas Freund: Jugendwerkhof Hummelshain", MDR, Heute im Osten, 4.1.2016.

Videos

"Spurensuche - Ich war im Kinderknast von Torgau" - Jürgen Fliege begleitet Andreas Freund durch seine einstige Odyssee durch Kinderheime und Erziehungsanstalten der ehemaligen DDR.

"Die Jugendwerkhöfe der DDR" - Dokumentarfilm des MDR mit einem Interview von Andreas Freund.

Thema: Jugend in der SED-Diktatur

Weitere Informationen zu den Einrichtungen der DDR-Jugendhilfe mit Hinweisen zu Publikationen, Filmen, Büchern und Unterrichtsmaterialien finden Sie in unserem Themenschwerpunkt "Jugend in der SED-Diktatur".