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Bürokratopoly – Vom Gesellschaftsspiel der Opposition zum Lehrspiel über die DDR

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In der DDR waren Gesellschaftsspiele rar und so wurden immer wieder Spielideen aus der Bundesrepublik kopiert oder in veränderter Form übernommen. So auch Monopoly, dass aufgrund seiner "kapitalistischen" Inhalte in der DDR verboten war und den Oppositionellen Martin Böttger auf die Idee brachte, Bürokratopoly zu erfinden.

Michael Geithner von "Nachgemacht - Spielekopien aus der DDR" koordinierte die erste Neuauflage des Spiels im wiedervereinten Deutschland und setzte diese für das DDR Museum und in Kooperation mit Capito - Agentur für Bildungskommunikation sowie der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur um. 

Am 29. September 2014 wurde das Spiel in der Bundesstiftung Aufarbeitung präsentiert und ausprobiert: Mehr als 60 Schülerinnen und Schüler aus Berlin und Brandenburg würfelten mit Zeitzeugen und Journalisten um den Sieg. Zu Beginn der Veranstaltung berichteten Robert Rückel vom DDR Museum und Dr. Jens Hüttmann von der Bundesstiftung Aufarbeitung von der Neuauflage des Spiels. "Zahlreiche Studien belegen, dass junge Menschen, die nach 1990 geboren wurden zu wenig über die Geschichte der DDR wissen", erläuterte Jens Hüttmann, "doch was in den Studien häufig unterschlagen wird, ist das Interesse der Schüler an der DDR". Mit Bürokratopoly sollen die jungen Menschen die Chance haben, einen Einblick in das SED-Regime zu erhalten.

In der DDR wurde Bürokratopoly in oppositionellen Kreisen gespielt und viele Male kopiert und dabei leicht verändert. So hat Herr Großkopf das Spiel unter dem Namen "Karriere" in der DDR kennen gelernt, wie er bei der Veranstaltung berichtete. Auch Frau Börner-Grimm und Frau Dillenhardt spielten Bürokratopoly in der DDR gern und bastelten sich selbst ein Spiel mit eigenen Ereigniskarten, die sich am Original von Martin Böttger orientierten. Mit der Verbreitung des Spiels fiel es auch der Stasi in die Hände, wie Martin Böttger nach 1990 aus seiner Stasiakte erfuhr. Bürokratopoly wurde als "Gesellschaftsspiel mit negativ-feindlichem Charakter", welches auf "ironische Weise die angeblichen Wege zur Erlangung und zum Verlust politischer Macht in der DDR aufzeigt", bezeichnet. Der Auszug aus den Stasiakten und die Bilder vom Original des Spiels bilden die Rückseite des "neuen" Bürokratopoly. Für das Spielen im Unterricht und eine Auseinandersetzung einserseits mit den Machtstrukturen in der SED-Diktatur und andererseits mit der DDR-Opposition wird das Spiel durch umfangreiches didaktisches Material ergänzt.

"Damit wir nicht immer nur in Ernst und Traurigkeit versinken", antwortete Martin Böttger auf die Frage, wieso er das Spiel erfunden habe. Die Schülerinnen und Schüler sahen das ganz genauso: Alle versuchten mit viel Strategie und taktischen Bündnissen das Ziel des Spiels zu erreichen und den Posten des SED-Generalsekretärs zu erkämpfen. Die Schüler freuten sich über die Idee, mit einem Gesellschaftsspiel einen Einblick in das SED-Regime zu erhalten. Auch die Lehrer begrüßten es als ganz neuen Zugang für den Geschichtsunterricht.

Abschließend erhielten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Urkunde. Das Spiel ist für Schulen und Lehrer kostenfrei erhältlich. Privatpersonen müssen eine Schutzgebühr von 5 Euro bezahlen. Auf www.buerokratopoly.de können Sie das Spiel bestellen.

Philip Wulkow, Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben