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Alltag Einheit - Porträt einer Übergangsgesellschaft

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Alltag Einheit - Porträt einer Übergangsgesellschaft: Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum

Der Inhalt
Sprache, Geld, Konsum, Eigentum, Medien, Politische Kultur, Nationalgefühl, Arbeitswelt, kulturelle Freiräume und Begegnungen - das sind die Themen, die das "Porträt einer Übergangsgesellschaft" ins Zentrum der Betrachtung stellt. Auf diese Weise erfahren die Besucher viel über das Leben und den Alltag der Menschen vor, während und nach der Wiedervereinigung und wie die Jahre 1989/1990 die Gesellschaft in beiden Teilen Deutschlands verändert haben. Der Schwerpunkt liegt hierbei mehr auf der DDR, da dort sehr viel größere Veränderungen stattfanden als in Westdeutschland.

Um Politik geht es dabei eher weniger - die Ausstellung rückt die Menschen in den Vordergrund: Arbeit und Arbeitslosigkeit spielen eine große Rolle, ebenso Kunst und Kultur, aber auch Liebesbeziehungen von Ost-und Westdeutschen.
Konsequent werden alle Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, Vorteile werden genauso zur Sprache gebracht wie Nachteile. Viele Bilder und Texte veranschaulichen die hoffnungsvolle Stimmung, aber auch das "böse Erwachen" als viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren und die Kriminalität steigt, weil die zuständigen Behörden überfordert waren. Man erkennt, dass die Zeit nach der Wende vor allem von Vorurteilen, Klischees und großen gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt war.
Dennoch sieht man auf den meisten Gesichtern der Besucher der Ausstellung im DHM ein Schmunzeln, etwa wenn die Leute den nachgebauten "Clubraum" betreten, sich an ihr Begrüßungsgeld erinnern oder an den Vitrinen mit den klischeebelasteten Alltagsgegenständen vorbeigehen.
Denn die dramatischen Veränderungen hatten auch ihre positiven Seiten. Viele Clubs entstehen und mit ihnen eine neue Musikrichtung, Techno. Jugendliche aus Ost-und Westdeutschland feiern gemeinsam. Einige Betriebe, wie die Rotkäppchen-Sektkellerei, können sich retten und werden erfolgreicher als zuvor.

Zur Gestaltung
Die Ausstellung ist sehr ansprechend gestaltet:  Neben Texten, Bildern und Interviews mit Zeitzeugen gibt es viele Dinge, die Besucher zum Mitmachen anregen sollen. Dazu zählen Gerüche, die man Ost-oder Westdeutschland zuordnen soll, einen kleinen Raum, der an einen Club erinnert, eine Art Fußballspiel für jüngere Besucher und Fragen an die Älteren: Was haben Sie von Ihren ersten 100 D-Mark gekauft? Welche Wörter verbinden Sie mit der Wende?
Trotzdem werden alle Themen mit dem gebührenden Ernst behandelt.
Gerade diese Mischung aus Humor, Erinnerungen (guten wie schlechten) und Ernst ist es, die die Ausstellung für alle Generationen interessant macht und ein gutes Bild der damaligen Situation schafft.
Fast alle Texte kann man auf Deutsch, in leichter Sprache, Englisch, in Brailleschrift (Blindenschrift) lesen.  Meist gibt es auch ein Video, in dem alles in Gebärdensprache wiederholt wird. Sitzgelegenheiten für müde Besucher sind ebenfalls vorhanden.

Fazit
Ein Besuch lohnt sich, auch für jüngere Menschen.
Trotzdem ist sie für diejenigen, die die Zeit der Wiedervereinigung miterlebt haben, etwas interessanter. Es gibt viele "Insiderthemen", die für Menschen ohne Erfahrungsbezug nicht ohne Erklärung verständlich sind.
Man sollte sich also sehr viel Zeit - mindestens zwei Stunden - für den Ausstellungsbesuch nehmen, um alles in Ruhe anschauen zu können.
Es lohnt sich außerdem, die verschieden Stationen mehrmals anzusehen: Ich habe bei jedem Mal etwas Neues entdeckt. Auch an den vielen Texten, Videos und Tonmaterialien sollte man auf keinen Fall vorbeigehen, da sie oft Informationen enthalten, die wichtig für das allgemeine Verständnis sind.
Ich selbst habe aus der Ausstellung sehr viel mitgenommen und würde sie auf jeden Fall weiter empfehlen.

Karoline Johl, 9. Klasse, Friedrich-Wilhelm-Gymnasium

Die Ausstellung "Alltag Einheit - Porträt einer Übergangsgesellschaft" kann man für einen Eintrittspreis von acht Euro (ermäßigt vier Euro, bis 18 Jahre freier Eintritt) vom 27. Mai 2015 bis zum 3. Januar 2016 im Deutschen Historischen Museum (DHM) besuchen.
Adresse: Deutsches Historisches Museum, Unter Den Linden 2, 10117 Berlin

Die Fotos: (1) Jungen mit Deutschlandfahne im Eichsfeld, Januar 1990. DHM, Peter M. Mombauer (2) Barbiepuppe für das Begrüßungsgeld, Meine ersten hundert Westmark - ein Sammlungsprojekt, DHM.